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Warum das Leben manchmal wie eine Pralinenschachtel ist!

  • Ulrike Wilhelmy
  • 20. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Okt.

Nicht jede Veränderung im Leben ist ein transformatorischer Prozess - aber jeder transformatorische Prozess bringt Veränderung ins Leben.


Mummenschanz
Mummenschanz

Ich war als Kind schon immer gerne in der Natur unterwegs und liebte

ree

alles Kreative. Vieles habe ich einfach ausprobiert – Kostüme genäht, Comics gezeichnet und noch vieles mehr. Kunstschaffende allerdings kannte ich nur aus dem Fernsehen. Hier erinnere ich mich besonders an ein Schweizer Ensemble, das durch die Veränderung von Maske, Mimik und Figuren, spannende Geschichten zu erzählen wusste: Mummenschanz. Das war meine erste Berührung mit der faszinierenden Welt des Objekt- und Figurentheaters. Als meine Schwester dann zum Geburtstag ein Papiertheater geschenkt bekam, probierte ich gleich die Figuren mit ihren wallenden Röcken und den großen Hüten aus und bewegte sie an ihren Pappstreifen vorsichtig durch die bunten Kulissen. So entstanden die schönsten Geschichten.


Mit der Kraft der Entscheidung zurück zum künstlerischen Tun.

Generalprobe "Herr Löffel und Frau Gabel" von Christian Morgenstern im Rahmen der Grundausbildung
Generalprobe "Herr Löffel und Frau Gabel" von Christian Morgenstern im Rahmen der Grundausbildung

Jahre später – ich hatte mein Studium der Innenarchitektur absolviert und arbeitete inzwischen als Lichtplanerin – fehlte mir zunehmend meine frühere Experimentierfreude. Ich begann zu malen, merkte jedoch, dass ich mich wohler damit fühlte, Menschen in ihrer Kunst zu begleiten. Monika Protze, die in einem Altenheim lebte, unterstützte ich fast 2 Jahre lang als Kunstbegleiterin. Wir sprachen über das Leben und die Kreativität als Lebenskunst und ich war dafür da, dass sie sich kreativ ausdrücken konnte. Für mich selbst jedoch hatte ich das Richtige noch nicht gefunden. An der Bildungsstätte "Hof Lebherz" von Susanne Lebherz in Warmsen entdeckte ich schließlich die Grundausbildung für Figurentheater. Ich wollte herausfinden, ob die Faszination dafür immer noch da war und so hielt ich kurze Zeit später die erste Figur in meinen Händen. Als eine Vereinigung von Bildender Kunst und Darstellender Kunst war da plötzlich die Möglichkeit, mein handwerkliches und mein bildnerisches Geschick einsetzen zu können. Einige Monate später stand ich zum ersten Mal in meinem Leben selbst als Figurenspielerin auf der Bühne. Eine ganz aussergewöhnliche Erfahrung.


Wieder zu Hause, begann ich mit den ersten Entwürfen für ein eigenes kleines Stück. Dazu inspiriert hat mich das Gedicht „Im Hotel“ von Kea von Garnier:



Ein Zimmer, zwei Stiefel

und tausend Gedanken,

ein neues Stück Himmel

Szene aus "Ein Stück: Hoffnung"

im Sichtfeld vom Bett.

Der Nachmittag schweigt,

im Nachbarhaus Lichter,

ich schaue in fremde Leben hinein.

Steh da und frag mich

was wär, wenn ich bliebe?

Ganz einfach für immer

als hätt ich vergessen,

dass irgendwo anders

ein anderes Fenster

ein anderes Stück

dieses Himmels zeigt.



Unerwartete Perspektiven durch glückliche Dialoge.

In der Zwischenzeit lernte ich immer wieder Menschen aus dem Bereich „Theater der Dinge“ kennen und die Dialoge mit ihnen brachten neue Einsichten:

„Puppenspieler wollen häufig nur Kunst machen und verlieren sich ganz

in ihren Stücken. Sie wollen nicht mehr so gerne in Schule oder Kita auf-

treten. Aber wir Puppenspieler werden gebraucht in den Kitas und Schulen.

Die Kinder brauchen diese Kunst, das Spiel und die Sprache.“ Volker Schrills


Bis zum Zusammentreffen mit Volker Schrills vom Theater Blaues Haus in Krefeld hatte auch ich meine Stücke vorrangig dazu nutzen wollen, meinen eigenen künstlerischen Ausdruck in die Welt zu bringen. Jetzt erkannte ich: Puppenspiel ist die Kunstform, die alle anderen in sich vereint. Nicht nur bildende Kunst, sondern auch Tanz/Bewegung, Musik und alle Berufe des Theaters kommen hier zusammen (Regie, Bühnenbild, Schauspiel, Licht- und Tondesign, Autorenschaft und evtl. auch das Filmemachen). Mit Puppenspiel ist es möglich, alle Alters- und Bevölkerungsgruppen anzusprechen sowie Schüler und Schülerinnen mit besonderen Bedürfnissen. In einer Welt, in der die Finanzierung der Kunsterziehung kostbar und knapp ist, kann Puppenspiel dazu dienen, viele Künste und weniger Ressourcen miteinander zu verbinden. Das wollte ich gerne auch: Kindern die Möglichkeit geben, sich am Puppenspiel auszuprobieren und daran zu forschen.


Ein neuer Weg, der gegangen werden will.

Im Buch "Magie der Transformation. Wie wir Zukunft in Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam gestalten." spricht der Autor Ravi Razani über den Zauber von Transformationsprozessen. Dabei warnt er davor, gleich jeden Wechsel und jede Veränderung als transformatorischen Prozess zu benennen. Seiner Ansicht nach sind Transformationsprozesse dadurch gekennzeichnet, dass sie weit mehr als vorhersehbare Veränderungen sind. Sie sind eine Einladung, eingefahrene Gleise zu verlassen und sich von der Magie der Veränderung inspirieren zu lassen. Er vergleicht diese Prozesse mit der Idee eines Zauberers, der aus einer geschlossenen Box etwas völlig Unerwartetes hervorholt. Inspiriert von Heinz von Foerster, der Magie als die Kunst beschreibt, die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung neu zu gestalten, lädt Ravi Razani dazu ein, die gewohnten Denkmuster zu hinterfragen und die Welt mit neuen Augen zu sehen. Ich hatte Ähnliches erlebt und zumindest zum Teil alte Gleise verlassen und mein Leben mit Kunst und Kreativität bereichert. Doch war das schon genug für einen sog. transformatorischen Prozess?


Open Minded – Schau, was rundherum läuft. Suche nach Inspiration.

Weshalb findest Du was gut? Schau, ob Du Vorbilder finden kannst für Deine Pläne.

Team – in das man vertrauen kann.

Struktur – schaffen, die ermöglicht, gut zusammenarbeiten zu können.

Vision!?



Erster gemeinsamer Auftritt von "WUUBBS Kompanie", dem Theaterensemble mit den wunderbaren Figurenspielerinnen, die sich nach der Grundausbildung zusammengefunden haben, um gemeinsam Theater zu machen.
Erster gemeinsamer Auftritt von "WUUBBS Kompanie", dem Theaterensemble mit den wunderbaren Figurenspielerinnen, die sich nach der Grundausbildung zusammengefunden haben, um gemeinsam Theater zu machen.

Finden einer neuen Sprachfähigkeit.

Rückwirkend betrachtet kann ich sagen, dass ich irgendwann ganz intuitiv damit begonnen hatte, mich zu bewegen und ein Stück über den Tellerrand zu schauen. Ich hatte all meinen Mut zusammengenommen, etwas verändert und mich von der „Magie der Veränderung inspirieren lassen". Ganz so, wie Ravi Razani es beschreibt. Allerdings wurde mir auch klar: Es fehlt immer noch etwas, nämlich ein tragbares Fundament für mein Vorhaben und ein wenig mehr Struktur. Ich begab mich also noch einmal auf die Suche und stieß so auf den Weiterbildungsmaster "Kulturelle Bildung an Schulen". Inzwischen studiere ich bereits ein Jahr an der Uni Marburg. Ein Glücksgriff. Mit diesem Studium ist es möglich, meinen Blick noch einmal zu weiten, meine Position zu schärfen und eine neue Art von „Sprachfähigkeit“ zu finden für meine eigene Kunst und für die künstlerische Begleitung von Menschen. Denn – und das ist meine Haltung – Kunstschaffende können in Formaten der Kulturellen Bildung in ihrer eigenen Kunst am wirkungsvollsten handeln, um mit ihrer Sicht der Welt auch eine Art von Widerständigkeit und inspirierende Verwirrungen in die Bildungslandschaft zu tragen. Das Studium gibt mir die Möglichkeit, den begonnenen transformatorischen Prozess auf eine fruchtbare Art weiterzuführen.

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